Pedro
, 65

Bildungs­experte, Bern

Meine psychedelischen Reisen haben auch nach 30 Jahren keine negativen Auswirkungen. Ich halte zum Beispiel den Konsum von Kaffee für viel problematischer. Oder Zucker! Davon konsumieren wir als Gesellschaft viel zu viel. Das führt zu körperlichen Schäden und zu Abhängigkeiten. Wenn wir ehrlich sind: Sprüngli ist eigentlich ein Drogenhändler, das muss man schon sehen. Es geht darum, auf welche Weise verschiedene Substanzen in die Gesellschaft integriert sind.

Erste Erfahrungen mit LSD habe ich in den 1970er-Jahren mit Freunden am Gymnasium gemacht. Wir haben damals sonst eher getrunken und gekifft. Das waren so pyramidenförmige Papierchen, wie stark die waren, das wussten wir nie. Wir machten uns eher Sorgen, dass sie zu wenig wirken. Das war abends, in der Stadt, oft auch in der Natur, unterwegs, nicht in einem geschützten Rahmen. Es waren für mich eindrückliche Erfahrungen, auch wenn ich heute nur noch wenig konkrete Erinnerungen daran habe. Ich realisierte damals: Dinge können ganz anders sein, als wir ursprünglich annehmen. Dann machte ich eine lange Pause.

Erst in den 90er-Jahren habe ich LSD im Rahmen einer Psychotherapie wieder angetroffen. Ich hatte das nicht gesucht. Die Erfahrung war diesmal ganz anders. Als Teenager ging es mir um die Effekte: Farben, Formen, Bewegungen. In der Therapie war das überhaupt nicht mehr von Belang. Das hat mich wirklich fasziniert. Auf dem Papier war es die gleiche Substanz, aber in der Realität hatte sie eine völlig andere Wirkung. Ich habe nichts gegen hedonistischen Konsum, aber der deckt nur einen kleinen Teil des Potenzials ab.

Mein Therapeut machte substanzbegleitete Therapien im Untergrund. Mir war klar: Der riskierte damit seinen Beruf. Ich war überrascht, aber auch positiv eingestellt und neugierig. Ich spürte, dass er das nötige Wissen dazu hatte und ich fühlte mich bei ihm gut aufgehoben. Ich hatte mehrere Sessionen und habe in diesem Rahmen auch erstmals MDMA probiert.

Diese Substanzen haben wirklich therapeutisches Potenzial – wenn ein Grundinteresse da ist. Ich würde allen Menschen eine psychedelische Erfahrung gönnen. Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass so etwas aus eigenem Antrieb kommen muss. Wenn Skepsis da ist, ist es schwierig. Es geht ja auch darum, Kontrolle abzugeben. Das ist bei vielen Menschen nicht gerade beliebt.

Ich bin den Substanzen nicht nachgereist, habe aber inzwischen Kreise gefunden, die im kleinen, zeremoniellen Rahmen psychedelische Reisen organisieren. Daran nehme ich bis heute regelmässig teil. Das hat sich einfach so ergeben. Wenn du mal drin bist, bist du drin.

Meistens konsumieren wir LSD, Ayahuasca, Psilocybin oder Meskalin. Meskalin mag ich am liebsten. Das ist so geerdet und hat trotzdem das Trippige vom LSD. Wir sind dann so 20 Leute, irgendwo in der Natur, und werden von einer erfahrenen Person begleitet. So etwas ist nirgendwo ausgeschrieben. Aber zum Glück auch nicht, denn sonst würde ich nicht hingehen! Das mache ich nun seit über 20 Jahren mehrere Male im Jahr.

Mein Umfeld weiss davon nur sehr selektiv. Mit zunehmendem Alter bin ich allerdings immer weniger zurückhaltend. Ich teile das heute öfter mit Menschen, die mir nahe sind, auch mit der Familie. Für viele ist es fremd und exotisch. An Familientreffen oder am Betriebsausflug, zum Beispiel, merke ich, dass das Unverständnis wirklich gross ist.

Jemand fragte mal: «Brauchst du das?» Nein, eigentlich nicht. Während Corona habe ich eine Pause gemacht. Ich hatte nie das Gefühl, es fehle mir etwas. Aber ich habe mich dann doch wieder darauf gefreut.

Ich kann versuchen, den LSD-Zustand zu beschreiben, aber die Erfahrung ist nochmals ganz anders. Die Perspektivenwechsel sind unbeschreiblich. Ich kann damit zum Beispiel in die Lebenswelt eines Tieres eintauchen. Oder ich kann absolute, tiefe Stille erfahren. Es stärkt eine Perspektive auf das Leben, die ich wichtig finde. Es ist wie das Training eines Muskels für Verbindungen oder das Training des Gefühls, mit dem Leben verbunden zu sein.

Im täglichen Leben kann ich mich dann an diese Situationen erinnern. Mir sind dadurch Beziehungen zu Menschen wichtiger geworden. Im psychedelischen Zustand kannst du wahrnehmen, wie Beziehungen funktionieren. Du kannst die Kraft der Ehrlichkeit sehen, sie spüren. Das ist das Gegenteil von akademisch. In gewissem Sinn bin ich dank meinen Reisen ein «besserer Mensch» geworden. Aber das ist kein Selbstläufer. Du kannst viel konsumieren, ohne dabei etwas zu lernen. Du brauchst Reflexion dazu.

Ich habe das Gefühl, in den letzten 50 Jahren fast nur Schlechtes über Psychedelika gehört zu haben. Sie werden nicht aufgrund ihrer effektiven Gefahren beurteilt, sondern politisch. Bei der Arbeit gibt es dazu Gespräche, wenn jemand etwas im Fernsehen gesehen hat. Dann reden die Leute. Und ich merke immer wieder: Der Wissensstand ist kritisch. Salopp gesagt: Viele denken noch immer, dass man aus dem Fenster springt, wenn man LSD genommen hat.

Das hat nichts mit der Realität zu tun. Mein Wunsch ist ein differenzierteres Bild. Das entsteht gerade in der Forschung. Aber das muss auch in der Öffentlichkeit passieren, bei den gewöhnlichen Leuten.

In den 1960er-Jahren hat es geheissen, dass alle einfach einmal LSD nehmen sollten, dann komme es gut mit der Welt. Das stimmt nicht! Psychedelika bieten sich nicht für alle Menschen an. Und sie eignen sich auch nicht für den regelmässigen Konsum. Im Moment mache ich mir eher Sorgen, dass in den Medien zu hohe Erwartungen geweckt werden. Viele denken, Psychedelika seien ein Allheilmittel. Auch diese Perspektive ist zu einseitig. Ich sage nicht, dass es keine Gefahren gibt. Aber: Es gibt praktisch keine körperlichen Schäden und fast keine Abhängigkeiten.

Die Prohibition macht alles viel gefährlicher, als es eigentlich wäre. Psychedelika sind viel harmloser als jene Drogen, die wir in die Gesellschaft integriert haben: Alkohol zum Beispiel ist viel gefährlicher! Und obwohl unser Umgang damit nicht ideal ist, haben wir den Konsum von Alkohol immerhin irgendwie organisiert.

Text: Luis
Bild: KI-generiert von Levin

Simon

Biel BE

29j

Student Holztechnik

Simon

Biel BE

29j

Student Holztechnik

Julia

Lausanne VD

44j

Führungsperson bei einem Unternehmen

Julia

Lausanne VD

44j

Führungsperson bei einem Unternehmen

Aurélien

Genf

40j

Jurist in der Strafverfolgung

Aurélien

Genf

40j

Jurist in der Strafverfolgung

Pedro

Bern

65j

Bildungs­experte

Pedro

Bern

65j

Bildungs­experte

Urs

Diemtigen BE

51j

Buschauffeur

Urs

Diemtigen BE

51j

Buschauffeur

Margrit

Wildhaus SG

68j

Pensionierte Pflegefachfrau

Margrit

Wildhaus SG

68j

Pensionierte Pflegefachfrau

Paul

Rumendingen BE

55j

Unternehmer

Paul

Rumendingen BE

55j

Unternehmer

Valentin

Zürich

36j

Software­entwickler

Valentin

Zürich

36j

Software­entwickler

Chiara

Basel

48j

Primarlehrerin

Chiara

Basel

48j

Primarlehrerin

Maria

Zürich

31j

Assistenzärztin in einem Spital

Maria

Zürich

31j

Assistenzärztin in einem Spital

Sophie

Fribourg

29j

Grafikerin

Sophie

Fribourg

29j

Grafikerin

Curdin

Zürich

39j

Informatiker

Curdin

Zürich

39j

Informatiker

Tim

Zürich

40j

Kommunikations­chef einer NGO

Tim

Zürich

40j

Kommunikations­chef einer NGO

Luca

Basel

36j

Lehrerin am Gymnasium

Luca

Basel

36j

Lehrerin am Gymnasium

Thierry

Adliswil ZH

47j

Pfleger in einem Spital

Thierry

Adliswil ZH

47j

Pfleger in einem Spital

Elodie

Olten SO

36j

Kindergarten- und Yogalehrerin

Elodie

Olten SO

36j

Kindergarten- und Yogalehrerin

Laura

Matt GL

41j

Kaufmännische Angestellte

Laura

Matt GL

41j

Kaufmännische Angestellte

Selma

Bern

41j

Aktivierungsfach­­frau im Pflegeheim

Selma

Bern

41j

Aktivierungsfach­­frau im Pflegeheim

Raphael

Zürich

39j

Grafiker

Raphael

Zürich

39j

Grafiker

Nina

Zürich

42j

Hausärztin mit eigener Praxis

Nina

Zürich

42j

Hausärztin mit eigener Praxis

Philipp

Zürich

73j

Pensionierter Journalist und Autor

Philipp

Zürich

73j

Pensionierter Journalist und Autor

Esteban

Basel

78j

Lebenskünstler

Esteban

Basel

78j

Lebenskünstler

Michael

Winterthur ZH

42j

Informatiker

Michael

Winterthur ZH

42j

Informatiker

Tobias

Basel

38j

Rechtsanwalt und Wissenschaftler

Tobias

Basel

38j

Rechtsanwalt und Wissenschaftler

Nils

Olten

38j

Osteopath

Nils

Olten

38j

Osteopath

Carmen

Oensingen SO

53j

IV-Rentnerin

Carmen

Oensingen SO

53j

IV-Rentnerin

Abonniere den Kanal auf deinem Lieblingsplayer

Abonniere den Kanal auf deinem Lieblingsplayer