Laura
, 41

Kaufmännische Angestellte, Matt GL

Als Jugendliche dachte ich immer, dass ich irgendwann in die grosse weite Welt hinausziehen würde. Aber irgendwie kam es nie dazu. Ich bin mein Leben lang im Glarnerland geblieben. Jetzt lebe ich zusammen mit meinem Partner und unserem Hund im selben Haus wie meine Schwiegereltern. Unser Dorf hat rund 400 Einwohner. Wenn ich schätzen müsste, wie viele Dorfbewohner schon Erfahrungen mit psychoaktiven Substanzen gemacht haben… schwierig. Wir sprechen ja nicht darüber. Fünf vielleicht? Sieben? Wenn man das Kiffen dazu rechnet, sind es sicher deutlich mehr.

Ich erinnere mich noch daran, dass es in den 90er-Jahren am Bahnhof in Glarus eine sichtbare Drogenszene gab. Da bin ich als Kind immer wieder mit meinen Eltern daran vorbeigekommen. Mein Vater ist ein sehr offener Mensch, aber was Drogen angeht, ist er konservativ. Wenn er das Wort «Kiffen» hört, sieht er die Leute schon mit der Nadel im Arm.

Im Dorf ist es ähnlich. Alkohol wird in vielen Familien oft und gerne getrunken. Nach einem Dorffest in der Nähe fiel letztes Jahr ein alkoholisierter Mann über eine Mauer und verletzte sich. Darüber lachten wir am nächsten Tag. Aber wenn ich erzählen würde, dass ich in einer schönen Vollmondnacht auf Pilzen oben im Wald war – das geht nicht! Schon komisch, oder?

Ich habe als Jugendliche viel gekifft. Das haben meine Eltern natürlich mitbekommen. Sie haben mir immer zu verstehen gegeben, dass sie es missbilligen. Aber wirklich gesprochen haben wir nie darüber. Schade eigentlich. Ich habe ihnen nie erzählt, dass ich auch andere Substanzen ausprobiert habe. Das wissen sie bis heute nicht. Ich bin einmal pro Woche bei ihnen zu Besuch und manchmal denke ich, dass es schön wäre, ihnen davon zu erzählen – einfach, um nicht das Gefühl zu haben, etwas vor ihnen zu verheimlichen. Aber ich weiss nicht, wie sie reagieren würden. Also lasse ich es.

Mit 16 erlebte ich meinen ersten LSD-Trip. Wir hatten Bilder von diesen unglaublichen Farben gesehen und wollten es unbedingt ausprobieren. Irgendwann gelang es einem Bekannten, einige Filze zu besorgen. Danach blieben wir lange beim Kiffen, einfach weil es sehr schwierig war, andere Substanzen aufzutreiben. Neugierig wären wir schon gewesen.

Anfang 20 entdeckten wir Koks. Das holte ein Freund bei jemandem in Wädenswil. Und weil es da war, haben wir es halt probiert. Dabei hat mir die Substanz ja eigentlich nie so recht gepasst. Wir waren uns nie sicher, was genau drin war. Wir kannten den Typen nicht, es wurde nie getestet und wir hatten auch keinen Zugang zu einem Testzentrum. Eine Freundin von mir erlebte einmal einen paranoiden Trip – ich vermute, dass sie gestrecktes Koks bekommen hatte. Ich hatte immer Glück.

Mit 25 probierte ich in Indien an einem Goa-Festival zum ersten Mal MDMA. Das war eine völlig neue Dimension für mich. Als ich nach Hause kam, stellte ich fest, dass es auch in der Schweiz eine Goa-Szene gab. Ich fand es unfassbar, dass mir diese Parallelwelt bisher entgangen war und tauchte in die Szene ein.

Kurz darauf lernte ich meinen heutigen Partner Lucas kennen. Als an einer Party Pilze herumgereicht wurden, nahmen wir welche. Lucas war zuerst skeptisch – es war sein erstes Mal. Aber dann machte er mit. Der Trip war gut, aber als wir nach Hause kamen, sagte er zu mir: Laura, so nicht! Er war interessiert an Psychedelika, fand aber, dass meine Sorglosigkeit viel zu gefährlich sei. Und so beschlossen wir, uns in Zukunft besser zu informieren. Inzwischen haben wir getestete Substanzen zu Hause und wiegen unsere Portionen immer sauber ab. Ich würde nie mehr einfach eine Pille von irgendjemandem an einer Party nehmen.

Substanzen zu finden ist für uns nach wie vor schwierig. In unserem konsumierenden Freundeskreis gibt es die Abmachung, dass man immer für die anderen auch einkauft, wenn man eine gute Quelle findet. So haben wir meistens etwas Vorrat. Trotzdem ist es mir sehr unangenehm, dass man das so im Verborgenen machen muss. Einmal haben wir MDMA über einen Telegram-Chat bestellt. Da musste man mit Bitcoins bezahlen, die wir am SBB-Automat geholt haben. Wir kamen uns schrecklich kriminell vor.

Pilze baut Lucas inzwischen selbst an. Das ist zwar schwierig, aber eigentlich ist es mir am wohlsten, meine Psychedelika selbst zu züchten.

Heute konsumiere ich vielleicht fünf bis zwölf Mal pro Jahr. Also nicht sehr oft. Meistens Pilze, manchmal LSD, gelegentlich MDMA. Einige Male pro Jahr gehen wir an ein Goa-Festival in der Schweiz oder im Ausland. Mir gefällt die Stimmung dort, vor allem die Herzlichkeit der Menschen. Es gibt Junge, Alte, Arme, Reiche, Normalos und Freaks. Es wird nicht geurteilt, jeder kann so sein, wie er sich wohl fühlt. Ich geniesse es, an einem solchen Ort zusammen mit Freundinnen und Freunden zu konsumieren. Es ist eine Welt für sich und wir tauchen zusammen in sie ein.

Gelegentlich konsumieren Lucas und ich auch einfach zu Hause. Wir machen es uns gemütlich, nehmen Pilze oder LSD und gehen später vielleicht spazieren. Das sind sehr verbindende und schöne Erlebnisse – auch für uns als Paar.

Ich bin ein sehr naturverbundener Mensch. Wir halten Tiere, produzieren eigenes Futter, heuen selbst, bewirtschaften ein kleines Stück Land. Mit meinem Hund bin ich oft in den Bergen. Diesen engen Bezug zur Natur hatte ich schon als Kind. Damals war ich oft stundenlang allein im Wald unterwegs. Mit dem Erwachsenwerden ging das Wundern über die kleinen Dinge in der Natur immer mehr verloren.

Dank Substanzen kann ich die Vergänglichkeit und Schönheit der Natur wieder etwas mehr so wahrnehmen, wie damals als Kind. Das finde ich schön.

Ich weiss nicht, ob ich Psychedelika jedem empfehlen würde. Aber für die, die es probieren, würde ich mir wünschen, dass sie es an einem Ort machen können, an dem sie sich wohl fühlen, mit Menschen, die sich damit auskennen und für sie da sind.

Text: Elle
Bild: KI-generiert von Levin

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